Der Film "Minari" — über die Macht der Dinge im Verborgenen
Eine junge Familie aus Südkorea siedelt sich im ländlichen Arizona an, um ihren Traum von einem neuen Leben in Amerika” zu verwirklichen. Während die Mutter vom Großstadtleben in Kalifornien träumt, will der Vater eine eigene Farm. Das ist jedoch mit Hinternissen verbunden. Eine Macht im Verborgenen scheint ihnen nicht gewogen zu sein. Eine Story-Analyse.
Die Familientradition in der Casa Galindo Timmermann will, dass wir jeden Freitagabend Pizza essen und einen Film sehen 🍕 🎬 Filme zu finden, die für zwei filmfanatische Eltern von unterschiedlichen Kontinenten, eine 11,5-jährige und einen 17-jährigen passen, ist unsere wöchentliche Challenge. Die Filme, über die wir noch lange sprechen, kommen auf die Liste der Familienklassiker. Minari ist so ein Film. Ich will ihn euch vorstellen, weil er uns Einiges über wesentliche Konzepte im Storytelling lehren kann.
Ausgangssituation:
Eine junge Familie aus Südkorea siedelt sich im ländlichen Arizona an, “to make a living”.
Vision:
Die Mutter träumt von einem mondänen Stadtleben in Kalifornien — er von einer eigenen Farm (fühlst du die Spannung?).
Probleme:
Die schlecht bezahlte Arbeit in einer Hühnerfarm (die männlichen Küken aussortieren) fordert viele Arbeitsstunden von den Eltern.
Der kleine Sohn ist herzkrank und sein Zustand ist kritisch. Er darf sich nicht anstrengen und toben, es wird gesagt, er hat nicht mehr lange zu leben, die Behandlungen sind teuer.
Die alleinstehende und “schwierige” Oma zieht zu ihnen, die Kinder verstehen sich mit ihr nicht.
Er beginnt, aus dem unbeackerten Gelände nur mit einem Container-Home eine Farm aufzubauen, aber sie haben ein Wasserproblem und die Pflanzen drohen zu vertrocknen.
Außerdem geht das Gerücht, dass ein böses Omen über dem Grundstück liegt und der vorherige Besitzer sich umgebracht hat als die Ernte verdarb.
Lösungen:
Die Storytellerin und Mentorin, der "Gute Geist" der Geschichte, ist die Großmutter; das zeigt sich nach und nach unter der oberflächlichen Hülle einer geistig minder entwickelten “zu nichts zu gebrauchenden” alten Frau.
Die Lösung wird schließlich ermöglicht, als verschiedene Elemente zusammenkommen (hinter welchen letztlich Großmutter Soonja steckt):
Ausgelöst durch ein Feuer (Reinigung) im Schuppen, in dem die (erste endlich erfolgreiche) Ernte lagert, werden die Eltern wieder ein Team.
Das Überleben rettet ein Gewürzkraut (Minari), welches die Großmutter am verbotenen Waldsee angepflanzt hat (Wasser, Leben).
Die Schlange am See zeigt sich und verliert so ihren Schrecken. Satz der Großmutter zu dem Jungen, der immer noch nach seiner Lebenskraft sucht und unter Ängsten leidet: “Let her - things that hide are more dangerous.”
Indem sie die Hilfe des Wünschelroutengängers endlich annehmen finden sie Wasser für einen Brunnen.
In einer dramatischen Nacht scheinen die Hausgeister zu weichen, die Ängste (Bettnässen) auf die Großmutter übertragen zu werden. Sie erleidet einen Schlaganfall, der Junge aber scheint durch die wohltuende Umgebung und das “Coaching” der Großmutter seine Krankheit überwunden zu haben, die Lebensgeister kehren ein.
Lehre:
Die Dinge im Verborgenen führen hier ein mächtiges Regiment. Wasser, Feuer und “Spirits” entscheiden hier über Leben und Tod, und (dafür Voraussetzung) die Verbindung zwischen den Menschen. Den Zugang zu den Dingen unter der Oberfläche haben scheint die entscheidende Fähigkeit zu sein, um sie ändern zu können. Dass der Junge den Respekt vor der Schlange lernt, scheint daher der Schlüsselmoment, als er von der Großutter diese Fähigkeit erlernt.
Und nun du
Story-Analyse heißt Fragen stellen, die helfen, die Story besser zu verstehen.
Storys besser zu verstehen, heißt, wenn du selbst Storys in deiner Kommunikation nutzt, um dich besser verständlich zu machen, dann weißt du, was du tust: welche Story du auswählst und welche Aspekte du betonst. Das ist abhängig von deinen Zielen und dem Kontext.
Story-Analyse kann dir aber auch helfen, neue Perspektiven, Erkenntnisse und Lösungsansätze in deine "Baustellen" deines Lebens zu bringen.
Frag dich doch mal:
Was liegt in meinem Berufsalltag oder in meinem Leben im Verborgenen und übt von dort schlechte Macht aus — was könnte ich dadurch entkräften, dass ich es ans Licht bringe?
Und wenn du dieses Wochenende einen Film siehst:
Kann ich die Grundelemente der Story ausmachen?
Welche Bedeutung, Glaubenssätze und Narrative stecken hinter Symbolen?
Übrigens: Der koreanische Film Minari wurde auf dem Sundance Film Festival 2020 vorgestellt, tourte danach durch die Festivals, erhielt weltweit dutzende Rezensionen, alle gut. Die Geschichte basiert auf der Biografie des Regisseurs, Lee Isaac Chung.
Sieh dir den Film an, es lohnt sich.
PS: Zur Vertiefung des Themas Mythos und Symbole schau mal in meinen Post zum Thema Mythos und das Interview mit Mythosforscherin Silvia Zulauf im Rahmen des Storytelling Symposiums 2023. Das Interview gibt es auch hier im Blog.