Wilbert Olinde: Basketball-Legende und Inspirationscoach

Basketball-Legende Wilbert Olinde

Ein Basketballer kommt in den 70ern aus den USA nach Deutschland — und bleibt. Ein Buch macht seine Geschichte bekannt. Heute ist Wilbert Olinde Basketball-Papa und Inspirationscoach — und inspiriert Tausende auf seinem Weg.

 

1977

1973 bin ich in Göttingen geboren. Eine niedersächsische Provinzhauptstadt mit Fachwerk-Innenstadt und Universität. 1977 kommt Wilbert, der Highschool-Basketballer aus Südkalifornien, nach Göttingen, um den einzigen Platz des „Ausländers“ bei der jungen Mannschaft des heutigen ASC, des "Allgemeinen Schwimmclubs”, zu besetzen. Die Er ist für eine Saison gebucht und nicht alles läuft rosig; aber er entscheidet sich zu bleiben. Eines Tages tauchte er bei einer Studentenparty meiner Eltern auf. Aun unser zweites Treffen damals, in der Sporthalle unterm Basketballkorb, kann ich mich kaum erinnern. Nur dass ein großer, freundlicher Riese mir sagte: “Du schaffst das”. Der spannende Lebensweg des Wilbert Olinde hat ihn nach Hamburg geführt, wo er jetzt als selbstständiger Coach lebt — hier habe ich ihn viele Jahre später wieder getroffen.

 
 

Eine Überraschung zum Start ins Jahr 2018

Am Morgen des 25. Dezember 2017 habe ich ein Buch von meinem Mann zu Weihnachten geschenkt bekommen und bei Lesen des Titels (Deutschland für eine Saison. Die Wahre Geschichte des Wilbert Olinde) hatte ich unmittelbar ein Bild vor Augen: Irgendwann in den frühen 80ern muss es gewesen sein. Ich stehe als kleines Mädchen in der Godehardhalle in Göttingen und blicke zu einem turmhohen dunkelhäutigen Basketballer auf, der mir mit Seelenruhe Korbwürfe zeigt und davon ausgeht, dass ich schon ganz bald meinen ersten Korb bei einem Wettkampf werfe. Als ich dann am Ende des Buches gelesen habe, dass Wilbert inzwischen Inspirationscoach in Hamburg ist, habe ich beschlossen ihn zu treffen. Von Wilbert habe ich gelernt, die Dinge mehr auf mich zukommen zu lassen. Ich hoffe, diese Geschichte ist noch lange nicht abgeschlossen.

Aus den Südstaaten nach Göttingen

Der Einblick in Wilberts Leben ist ein einmaliges Zeugnis transatlantischer Kulturgeschichte. Die Reise durch die Göttinger Szene (das Altdeutsche, das Blue Note, die Affenbar) und fast vergessene Orte (das Töpferdorf Fredelsloh) hat längst verschollen geglaubte Bilder meiner Kindheit wieder zutage gefördert. Die Rekonstruktion der Familiengeschichte in den Südstaaten. Ich war selbst für meine Doktorarbeit auf den Indigoplantagen Georgias und South Carolinas unterwegs, und bin dort den Zeugnissen der Sklaverei überall begegnet: Der Sklavenmarkt von Charlesto! Der Name Olinde entstand durch die französische (Louisiana!) Aussprache des Erkennungsmerkmals eines Einwanderers aus Europa: l’holande. Interessant fand ich zu lesen, wie die Rassentrennung in einer Phase bereits gelockert wurde und dann wieder verschärft. Da gab es dann die “weißen” und die “schwarzen” Olindes. Wilberts Familie gehörte zu den “schwarzen” Olindes, mit den entsprechenden Konsequenzen. Was für ein Kontrast zwischen den Welten auf beiden Seiten des Atlantiks — es war für mich schon ein Kulturschock, zwischen 2004 und 2010 zwischen Hamburg / Leipzig und New York / Atlanta pendeln. Wie muss es dann in den 70ern gewesen sein?

 
 

Was ist das Thema?

Aber es geht nicht allein um Kulturkontakt in dem Buch. Was ist eigentlich das Thema? Auf den ersten Blick ist es eine Biografie und das ist ja erst einmal gar nicht gleichbedeutend mit einem Thema oder einer Geschichte. Etwas Nacherzähltes ist eben nur etwas einfach so „Geschehenes“. Eine „Story“ wird daraus erst dann, wenn es sich um ein Problem und dessen Lösung dreht, und um die Veränderung eines Systems zum Positiven durch die Courage und die Taten eines Einzelnen. Und wenn dieser Held sich auch im Innern verändert. So gesehen ist Wilberts Lebensgeschichte auf jeden Fall eine Geschichte, denn am Start sowohl in Lousiana als dann in Deutschland lagen viele Hindernisse im Weg und die Voraussetzungen sahen manchmal gar nicht rosig aus. Und dann haben entlang seines Weges unzählige Menschen von seiner Story und positiven Ausstrahlung profitiert.

Kultur- und Kneipengeschichte Göttingens als Nebenprodukt

Wilbert ist vom „Ausländer“, der für ein Jahr in ein fremdes Land kam - mit einem Auftrag der kaum zu erfüllen war, zum Gestalter seines Lebens geworden. Aber was ist da Thema, was die Lehre? Jemand, mit dem ich mich über das Buch unterhalten habe, sagte, für ihn sei das wichtigste Thema darin der Rassissmus. Andere mögen darin das Thema echter Freundschaft finden, auch zwischen Kulturen. Viele sehen in Wilbert einen Botschafter der US-amerischen Kultur, er sich selbst vielleicht noch am wenigsten. So ist das wenn man eine “erlebte” Geschichte aufschreibt. Sie ist nicht so perfekt konstruiert - und man muss die Lehren daraus selbst finden. Die Kultur- und Kneipengeschichte Göttingens (was fast dasselbe ist) ergibt sich in seinem Buch “along the way”.

Es ist der Weg

Ein Thema, dass sich bei Biografien ja immer aufdrängt ist der Weg. Mit seiner unbeirrbar positiven Art ist Wilbert immer einfach Schritt für Schritt diesen Weg gegangen, der ihn sein jetziges Leben geführt hat. Nie hätte er oder jemand anderes voraussagen können wo er in 10 Jahren steht, es war jedesmal eine völlig überraschende Veränderung. Wie ging das, und vor allem: warum? Ich habe Wilbert gefragt, was für ihn das durchscheinende Thema des Buches ist:

„Es ist der Umgang mit den Unebenheiten des Lebens. Entscheidungen zu treffen, von denen uns in diesem Moment noch gar nicht klar ist, wohin sie uns führen werden. Einfach den ersten Schritt machen und geduldig weiter den Weg gehen. Dafür ist es nötig, Vertrauen zu haben, dass mich meine Intuition in die für mich richtige Richtung leitet. Und die Zweifel, Ängste und Sorgen genau so anzunehmen und loszulassen wie die Vorfreude und Erwartungen!“

 

Epilog —

Bei unserem Treffen in Hamburg-Winterhude fragt mich Wilbert was mein Traum sei. Ganz spontan sagte ich: “Ein Buch schreiben”. Aber jetzt keine wissenschaftlichen Bücher mehr, sondern Geschichten aus dem echten Leben, die uns berühren und anderen Menschen näherbringen, auch wenn diese in entfernten Regionen leben. Und deswegen gibt es jetzt dieses Logbuch: Weil es faszinierend ist, was geschehen kann, wenn wenn Menschen über den Austausch von Erfahrungen (und nichts anderes ist Wissen) zusammenkommen und positive Veränderungen in die Welt bringen. Dies ist mein erster Blogpost. Ein erster Schritt.


Das Buch „Deutschland für eine Saison. Die Wahre Geschichte des Wilbert Olinde“ ist beim Suhrkamp Verlag erschienen: http://www.suhrkamp.de/buecher/deutschland_fuer_eine_saison-christoph_ribbat_42772.html#

Anja Timmermann

Hej, I am a business coach and dedicated trainer for knowledge competences, using a storytelling-approach. I love to work with intellectually ambitious entrepreneurs who don’t longer want to copy what others do. Instead they want to dig for the gold nuggets in their knowledge and craft something beautiful and unique to pass it on to others who can make use of it. A former historian and and journalist, I have lived and worked in North and South America. Now I am with my family in Hamburg, Germany. You can work with me in German, English and Spanish. Are you asking yourself when your Story will finally be heard and you can start building the future with your own knowledge and ideas? I am happy to talk to you in a video-chat or call.

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